Zwischen September 2000 und April 2007 wurden acht Männer mit türkischen Wurzeln, ein griechischstämmiger Mann sowie eine deutsche Polizistin ermordet. Die Ermittlungen wurden zunächst ausschließlich im Umfeld der nicht-deutschen Opfer mit Verdacht auf Drogenhandel und organisierte Kriminalität geführt. Die Familien der Ermordeten wurden so ein weiteres Mal zu Opfern, diesmal von vorurteilsvoller Stigmatisierung. Nach einem gescheiterten Bankraub führte die Spur schließlich zu der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Nach dem Suizid der beiden Haupttäter begann 2013 der Prozess gegen die einzige Überlebende des NSU-Trios, Beate Zschäpe, sowie vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer und endete 2018. Die zu milden Strafen für die Mitangeklagten und die zahlreichen ungeklärten Fragen ließen die Angehörigen der Opfer enttäuscht und desillusioniert zurück. Ihr Glaube an den Rechtsstaat ist grundlegend erschüttert.
Spuren – das sind nicht nur die Hinweise, die Verbrecher am Tatort hinterlassen, sondern auch die Verletzungen und Narben, die ihre Taten bei den Angehörigen der Opfer, in den migrantischen Gemeinschaften und in der gesamten deutschen Gesellschaft verursachen. In ihrem Dokumentarfilm begibt sich die türkischstämmige Regisseurin Aysun Bademsoy auf die Suche nach diesen Spuren und stellt sich dabei die Frage, welcher Prozess diese Verletzungen überhaupt heilen könnte. SPUREN ist ein vielschichtiger Dokumentarfilm, der das Scheitern von Ermittlern und Justiz beleuchtet – und den Angehörigen der Opfer endlich eine Stimme gibt.
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Gedenkort für Ismail Yasar in Nürnberg
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Aysun Bademsoy wurde 1960 im türkischen Mersin geboren. Neun Jahre später zog sie mit ihrer Familie nach Berlin. Nach Abschluss ihres Journalismusund Theater-Studiums an der Freien Universität Berlin begann sie 1989, Dokumentarfilme zu drehen. In ihrem ersten Independent-Film „Mädchen am Ball“ (1995) porträtierte sie ein türkisches Frauenfußballteam, mit dessen Karriere sie sich auch in „Nach dem Spiel“ (1997) und in „Ich gehe jetzt rein …“ (2008) befasste. Als Regieassistentin und Produktionsmanagerin arbeitete sie mit Harun Farocki und Christian Petzold zusammen; zudem war sie als Filmeditorin und Schauspielerin tätig. Aysun Bademsoy lebt und arbeitet in Berlin.
1990 | „Detektei Furkan“ (Kurz-Dok.) |
1994 | „Nirgends ist man richtig da“ (Kurz-Dok.) |
1995 | „Mädchen am Ball“ (Dok.) |
1996 | „Ein Mädchen im Ring“ (Kurz-Dok.) |
1997 | „Nach dem Spiel“ (Dok.) |
1999 | „Deutsche Polizisten“ (Dok.) |
2004 | „Die Hochzeitsfabrik“ (Dok.) |
2006 | „Am Rand der Städte“ (Dok.) |
2008 | „Ich gehe jetzt rein …“ (Dok.) |
2011 | „Ehre“ (Dok.) |
2016 | „Zyklop“ (Dok.) |
2019 | „Spuren –Die Opfer des NSU“ (Dok.) |
Nach den Enthüllungen der NSU-Morde an acht Menschen mit türkischen Wurzeln war dies nicht nur eine Tragödie für die betroffenen türkischen Familien, sondern auch für die Generation türkischer Migranten in Deutschland, zu denen auch ich gehöre. Die, die sich für Deutschland als Heimat entschieden hatten. Nicht wie unsere Eltern, die heute noch von ihrer verlassenen Heimat träumen, in die sie irgendwann einmal zurückkehren wollten. Wir waren Deutsche und hatten Vertrauen in diesen Staat. Das mühsam erarbeitete Vertrauen bekam nach den Enthüllungen der NSU-Morde einen Riss.
Familie Şimşek
Denn der Hass, der das NSU-Trio bei der Auswahl ihrer Opfer leitete, richtete sich gegen genau uns, diese zweite und dritte Generation der Deutschtürken. Eine Generation, die sich darauf verlassen hatte, dass der Staat Rassismus nicht duldet und sie davor schützen würde. Stattdessen versagten die Institutionen: Die Ermittlungen in den Mordfällen selbst waren geleitet von Misstrauen, Ressentiments und rassistischen Motiven. Die NSU-Morde sind mehr als menschliche Schicksale, sie sind für die zweite und dritte Generation ein dramatischer Wendepunkt in ihrem Verhältnis zu Deutschland und ihrer Sehnsucht nach einer Heimat, die Deutschland vielleicht einmal war.
Diese Wunden, die bei uns entstanden sind: Werden oder können sie überhaupt heilen? Und wie gewinnt man ein Vertrauen zurück, das tief erschüttert wurde?
Wann und warum haben Sie den Entschluss gefasst, einen Film über die NSU-Morde zu drehen?
Schon als ich zu Beginn von den Morden hörte und über sie las, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl dabei. Es waren fast immer Männer, Mitte/ Ende dreißig, Familienväter, Kleinunternehmer. Und alle waren der Polizei vollkommen unbekannt. Trotzdem ermittelte diese nur innerhalb der Familie und der türkischen Community. Die Frage nach Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremen, Nazi-Tätern wurde vollkommen ausgeblendet. Dabei hatten es zu dem Zeitpunkt schon eine ganze Reihe von rassistisch motivierten Gewalttaten und Morden gegeben, u.a. in Mölln, Solingen, Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen.
Nachdem sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem gescheiterten Banküberfall selbst das Leben nahmen und Zschäpe sich stellte, war das ein Schock. Gleichzeitig war da aber auch das Gefühl: All das hätte man doch ahnen können! Wie blind ist dieser Staat gewesen und hat all das über 10 Jahre geschehen lassen können?
Dann begann ein Gerichtsverfahren, dass sich über 5 ½ Jahre hinzog. Ich fuhr gleich zu Beginn zum Gericht und verfolgte den Prozess über die komplette Dauer. Verwundert war ich vor allem darüber, welch großes Augenmerk die Öffentlichkeit mal wieder den Tätern, insbesondere der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, zuteilwerden ließ. Die Familien der Ermordeten kamen zwar stellenweise auch zu Wort, aber eigentlich nur, weil sie von sich aus immer wieder aktiv an die Öffentlichkeit gingen und dabei ihr Recht auf Erhörung quasi erkämpfen mussten. Sie waren dabei hartnäckig, hatten gute Rechtsanwälte um sich, und konnten so auf die mangelnde, ungenaue und rassistische Behandlung aufmerksam machen. Bis zur Enttarnung des NSU wurden sie kriminalisiert, entehrt und selbst der Morde an ihren eigenen Ehemännern und Brüdern bezichtigt. Sie wurden geächtet und an den Rand der Gesellschaft verbannt. Und sie wurden mit ihrem Leid allein gelassen.
Als ich den ganzen Umfang dieser Tragödie zu verstehen begann, wusste ich, dass ich den Angehörigen der Opfer zuhören wollte und musste, um ihnen den Raum zu geben, von sich und den Erfahrungen dieser Jahre zu erzählen. Wir hatten und haben als ganze Gesellschaft etwas gutzumachen. Mir stellte sich aber auch die Frage, ob dieses Land den Familien der Opfer überhaupt wieder das Gefühl von Sicherheit geben, ja ihnen eine Heimat sein kann?
Gedenkstein für Halit Yozgat in Kassel
Wie haben Sie sich dem Thema angenähert, was war Ihnen bei der Auseinandersetzung wichtig?
Es war für mich zunächst wichtig zu verstehen, wie die Familienangehörigen nach den vielen leidvollen Wochen, Monaten, Jahren überhaupt die Kraft fanden, immer und immer wieder die Aufklärung dieser Morde zu fordern. Sie sprachen von der Ehre ihrer Ehemänner, Väter und Brüder, die es wiederherzustellen galt. Sie forderten aber auch, dass sich der Staat seiner Versäumnisse stellt und die Konsequenzen daraus zieht. Es war für alle klar, dass der Staat und seine Institutionen – also die Polizei, die Kriminalämter, der Verfassungsschutz – vollkommen versagt haben müssen, indem er zulange weggeschaut hat, ja auf dem rechten Auge blind war. Anders hätte es nie zu diesen zehn Morden kommen können. Ich habe während der 5 ½ Jahre alles gelesen, was es zum Thema zu bekommen hab. Ich bin immer wieder zum Prozess gefahren, habe dort mit den Rechtsanwälten der Hinterbliebenen und auch mit den Prozessbeobachtern – mit NSU-Watch, weiteren Initiativen und den Gerichtsreporten – gesprochen.
War es schwierig, mit den Angehörigen der Opfer in Kontakt zu treten und sie zu befragen?
Ja, es war sehr, sehr schwierig. Natürlich mussten die Rechtsanwälte ihre Mandanten auch schützen. Ich hatte die Witwe von Mehmet Kubasik bei ihren ersten öffentlichen Äußerungen in Berlin erlebt und war vollkommen erschlagen von der Klarheit, Klugheit und präzisen Darstellung ihrer Jahre nach dem Mord an ihrem Mann. Semiya Simsek hatte ich durch ihre Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz in dem ersten Jahr des Prozessbeginns kontaktiert. Aber ich war damals noch nicht ganz sicher, wie genau mein Film am Ende aussehen sollte. Ich hatte mit den Rechtsanwälten dann die Absprache, Kontakt zu den Familien zu bekommen, wenn der Prozess zu Ende ist. Und an dem Tag der Urteilsverkündung, dem 11. Juli 2018, lernte ich alle Familienangehörigen bei der anschließenden Demonstration kennen, die am Gerichtsgebäude begann und zum Odeonsplatz führte. Ich sprach mit einigen der Familienangehörigen, hörte ihre Äußerungen zum Urteil und war derart bekräftigt in der Richtung meines Films wie nie zuvor: Jetzt erst recht galt es, den Angehörigen der Opfer zuzuhören und Anteil zu nehmen an dem Unrecht, das ihnen widerfahren ist.
Hat sich Ihre Sicht auf die Morde, auf den Prozess und den gesellschaftlichen Umgang damit im Laufe der Recherche bzw. im Laufe der Dreharbeiten verändert?
Eigentlich wurde für mich das Gefühl des Entsetzens darüber, was diesen Menschen angetan wurde, immer größer. Ich meine damit nicht nur all das, was Ihnen innerhalb der zehn Jahre, als die Morde noch nicht aufgedeckt waren, angetan wurde, sondern auch das Ende des Gerichtsverfahrens. Es war wirklich schrecklich und deprimierend mitanzuschauen, wie ihr diszipliniertes, geduldiges Hoffen auf ein anständiges Ende enttäuscht wurde. Das Schlimmste war, dass zwei bekennende Neonazis nach dem Prozess auf freien Fuß kamen, einer am gleichen Tag, der andere zwei Wochen später. Der Richter bedankte sich dann auch noch bei den Anwesenden, allerdings nicht bei den Familienangehörigen, für ihre Geduld, Disziplin und Ausdauer. Ich glaube, dass war das Schlimmste für die Hinterbliebenen! Mein Misstrauen in den deutschen Staat und seine Apparate, das zwar nie ganz uneingeschränkt war, hat sich damit ziemlich verstärkt. Zuvor wusste ich nicht, dass die Blindheit gegenüber rechten Gruppen so tief in den staatlichen Apparaten hinein wirkte. Erst durch die NSU-Morde wurde mir auch klar, wie viele Neonazis in den neuen Bundesländern aktiv sind, wie unzureichend die Aufarbeitung der NS-Zeit dort stattgefunden haben muss und wie wenig wir alle davon mitbekommen haben, wie problematisch der Umgang mit Leiharbeitern (u.a. aus Vietnam und Mosambik) in der ehemaligen DDR war. Der Rassismus scheint immer schon weit verbreitet gewesen zu sein, nur wurde er scheinbar immer heruntergespielt.
Ali Toy
Gab es eine Begegnung oder einen Moment während der Dreharbeiten, der Sie besonders berührt hat?
Ja, es gab mehrere Momente. Zum Beispiel, als Adile Simsek von dem aufrechten Gang zu sprechen begann, nachdem ihre Unschuld bewiesen und ihre Ehre wiederhergestellt worden war – und dann tatsächlich aufsteht und aufrecht um den Couchtisch geht. Oder als Ali Toy, der Blumenverkäufer von Enver Simsek, uns die Bäume zeigte, die er in Andenken an Enver Simsek gepflanzt hatte. Er erzählte uns, dass Enver Simsek statt seiner ermordet wurde, da er selbst an diesem Tag in Urlaub gefahren war. Oder auch der Moment, als Elif Kubasik poetische Worte für den Verlust ihres Mannes fand und ihre Liebe als ein Buch beschreibt, „dass nicht zu Ende geschrieben wurde“. Und wenn sie danach weint, weil das Lied, dass gerade eine ihrer Freundinnen beim Kochen singt, über die Liebe erzählt, die verlorengegangen ist.
Was können wir Ihrer Meinung nach als Gesellschaft aus dem NSU-Fall lernen?
Wir müssen sensibler mit den Menschen umgehen, denen solch unvorstellbares Leid zugefügt wurde und Ihren Schmerz annehmen, akzeptieren und sie nicht alleine lassen. Vor allem sollten wir aber auch öffentlichen Bezichtigungen und Verdächtigungen immer skeptisch und kritisch gegenüberstehen. Und natürlich alle rassistischen Taten verurteilen und uns bereits jeder rassistischen Äußerung entschieden entgegenstellen, um rechte Gruppierungen und Tendenzen nicht salonfähig werden zu lassen.
9. SEPTEMBER 2000
Enver Simsek, Inhaber eines Blumengroßhandels
im hessischen Schlüchtern, wird am
Rande einer Ausfallstraße im Osten Nürnbergs,
wo er seinen mobilen Blumenstand
in einer Parkbucht aufgebaut hat, mit acht
Schüssen aus zwei Pistolen niedergeschossen.
Er stirbt zwei Tage später im Krankenhaus.
Der 38-Jährige war 1986 aus der Türkei nach
Deutschland gekommen. Es ist der Beginn
einer Mordserie, der in den folgenden sieben
Jahren acht weitere unbescholtene, der Polizei
unbekannte Ehemänner, Familienväter,
Brüder zum Opfer fallen sollen sowie eine
Polizistin.
13. JUNI 2001
Abdurrahim Özüdogru, Betreiber einer
Änderungsschneiderei in der Nürnberger
Südstadt, wird in seinem Ladengeschäft mit
zwei Kopfschüssen getötet. Er ist 49 Jahre
alt; 1972 immigrierte er aus der Türkei nach
Deutschland.
27. JUNI 2001
Süleyman Tasköprü, Obst- und Gemüsehändler,
wird in Hamburg-Bahrenfeld im
Laden seines Vaters mit drei Schüssen aus
zwei Waffen getötet. Der 31-Jährige stammte
aus dem türkischen Afyonkarahisar und
hatte eine dreijährige Tochter.
29. AUGUST 2001
Habil Kiliç, 38-jähriger Inhaber eines Obstund
Gemüsehandels in München-Ramersdorf,
wird in seinem Geschäft am helllichten
Tag erschossen. Nicht einmal 100 Meter
von dem Laden entfernt befindet sich eine
Polizeiwache.
25. FEBRUAR 2004
Mehmet Turgut, wird an einem Döner-
Kebab-Imbiss im Rostocker Ortsteil Toitenwinkel
mit drei Kopfschüssen getötet. Der
25-Jährige aus der Türkei war zu Besuch bei
einem Freund in Rostock, für den er spontan
die Öffnung des Imbisses am Vormittag
übernommen hatte. Bis zehn Tage vor der Tat
hatte er in Hamburg gelebt.
9. JUNI 2004
In der Keupstraße in Mülheim (Köln) wird
ein Anschlag mit einer Nagelbombe verübt.
Am Tatort befinden sich viele türkische
Geschäfte. 22 Personen werden verletzt,
einige davon lebensgefährlich. Da die Ermittler
keine gezielte Opferwahl erkennen, wird
ein terroristischer Hintergrund zunächst
ausgeschlossen.
9. JUNI 2005
Ismail Yasar, 50-jähriger Inhaber eines
Döner-Kebap-Imbisses, wird in seinem Verkaufsstand
in der Nürnberger Scharrerstraße
mit fünf Schüssen in Kopf und Oberkörper
getötet. Zeugen bemerken zwei sich auffällig
verhaltende Männer mit Fahrrädern in Tatortnähe.
Der Imbiss befindet sich gegenüber
einer Schule.
15. JUNI 2005
Theodoros Boulgarides, 41-jähriger Mitinhaber
eines Schlüsseldienstes aus Griechenland,
wird in seinem Geschäft in München-Westend
erschossen. Die örtliche Boulevardpresse
schreibt nach dem Mord: „Türken-Mafia
schlug wieder zu“.
4. APRIL 2006
Mehmet Kubasik, Besitzer eines Kiosks, wird
in seinem Geschäft in der Dortmunder Nordstadt
getötet. Der 39-Jährige ist Deutscher
türkischer Herkunft.
6. APRIL 2006
Halit Yozgat, Betreiber eines Internetcafés
und türkischstämmiger Deutscher, wird
in seinem Geschäft in Kassel durch zwei
Kopfschüsse getötet. Er ist 21 Jahre alt. Während
der Tat befindet sich Andreas Temme,
Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, im
Café, der sich nicht als Zeuge meldet und erst
später durch die Polizei ermittelt wird.
11. JUNI 2006
Türkische Kulturvereine organisieren
einen Schweigemarsch in Dortmund,
gedenken der neun Opfer der Mordserie und
rufen die Behörden auf, ein zehntes Opfer zu
verhindern.
25. APRIL 2017
Die 22-jährige Bereitschaftspolizistin
Michèle Kiesewetter wird in ihrem Dienstwagen
bei der Heilbronner Theresienwiese
erschossen. Ihr Kollege überlebt einen
Kopfschuss schwer verletzt. Die Ermittlungen
führen auf falsche Spuren.
NOVEMBER 2011
Die rechtsextreme Terrorgruppe „Nationalsozialistischer
Untergrund“ (NSU)
wird aufgedeckt. Die beiden mutmaßlichen
Haupttäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
werden nach einem Bankraub am
4. November 2011 in Eisenach tot aufgefunden.
In einer ausgebrannten Wohnung
in Zwickau, in der Mundlos, Böhnhardt und
Beate Zschäpe gewohnt haben, wird unter anderem eine mehrfach vervielfältigte DVD
gefunden, die als Bekennervideo die Serie
von Tötungsdelikten belegt. Am 11. November
2011 übernimmt die Bundesanwaltschaft
die Ermittlungen. Auf deren Antrag erlässt
der Bundesgerichtshof am 13. November
2011 Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des
Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung.
8. NOVEMBER 2012
Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage
gegen Zschäpe, unter anderem wegen Mittäterschaft
in zehn Mordfällen, besonders
schwerer Brandstiftung und Gründung und
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung,
sowie gegen Ralf Wohlleben und
Carsten Schultze wegen Beihilfe in neun
Mordfällen, André Eminger wegen Beihilfe
zum Sprengstoffanschlag in Köln, wegen
Beihilfe zum Raub und Unterstützung der
terroristischen Vereinigung in jeweils zwei
Fällen, und Holger Gerlach wegen Unterstützung
der terroristischen Vereinigung in drei
Fällen.
6. MAI 2013
Der NSU-Prozess vor dem 6. Strafsenat
des Oberlandesgerichts München beginnt.
Er gilt als wichtigster Strafprozess seit der
Wiedervereinigung und als der größte und
kostspieligste, der bis dato in Deutschland
gegen Neonazis geführt wurde.
11. JULI 2018
Der NSU-Prozess endet als einer der längsten
nach den Nürnberger Prozessen. Zschäpe
wird zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Gericht stellt die besondere
Schwere ihrer Schuld fest. Die vier als NSUHelfer
Mitangeklagten werden ebenfalls zu
Freiheitsstrafen verurteilt: Wohlleben zu
zehn Jahren, Schultze zu drei Jahren Jugendstrafe,
Gerlach zu drei Jahren, Eminger zu
zwei Jahren und sechs Monaten. Eminger
wird noch am selben Tag aus der Untersuchungshaft
entlassen, was zu Jubel unter den
im Publikum anwesenden Neonazis führt.
Wenige Tage später, am 18. Juli 2018, wird
auch der bekennende Neonazi Wohlleben
nach sechs Jahren und acht Monaten vorzeitig
aus der Untersuchungshaft entlassen.
ein Film von Aysun Bademsoy
DE 2019, 81 Minuten, deutsche OF
Regie & Buch | Aysun Bademsoy |
Kamera | Ute Freund, Isabelle Casez |
Ton | Ivonne Gärber |
Schnitt | Maja Tennstedt |
Produzent | Heino Deckert |
Redaktion Arte | Martin Pieper |
eine Produktion der Ma.ja.de. Filmproduktion
in Koproduktion mit ZDF und Arte
gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und dem Deutschen Filmförderfonds
im Verleih der Edition Salzgeber