Brundhilde Pomsel wurde am 11.01.1911 in Berlin geboren und erlebte ihre Jugend im Berlin der 20er Jahre. Nach einer Lehre im noblen Konfektionshaus Gläsinger & Co. arbeitete sie zunächst als Sekretärin bei dem jüdischen Rechtsanwalt Dr. Hugo Goldberg. Zur selben Zeit war sie auch für den deutschnationalen Frontkämpfer und frühen Nationalsozialisten Wulf Bley tätig, der ihr seine Kriegserinnerungen diktierte.
Ab 1933 arbeitete sie als Sekretärin in der Abteilung Zeitfunk der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft. Für diese Anstellung musste sie in die NSDAP eintreten. 1942 kam sie ins Büro von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Sie war keine flammende Anhängerin der Nazis; sie war, wie sie sagt völlig unpolitisch. "Nur eine ansteckende Krankheit hätte mich davor bewahren können", erklärt Pomsel zu diesem Stellenwechsel. "Und doch fühlte ich mich geschmeichelt, weil es eine Auszeichnung war, die schnellste Stenotypistin des Rundfunks."
Pomsel blieb bis zum Kriegsende bei Goebbels. Die letzten Kriegstage arbeitete sie zunächst in einem provisorischen Büro in Goebbels Stadtvilla, unweit des Brandenburger Tors. Als die Kämpfe heftiger wurden und immer näher kamen, flüchtete sie sich mit ihren Kolleg_innen in den Luftschutzkeller unter dem Propagandaministerium. Dort verbrachte sie die letzten Stunden mit ihrem Chef und seiner Familie - bis zum Mord der gemeinsamen sechs Kinder und dem Suizid von Joseph und Magda Goebbels. Noch im Bunker wurde Pomsel von sowjetischen Truppen aufgegriffen.
Nach fünfjähriger Gefangenschaft in Russland setzte sie ihre Karriere als Chefsekretärin bei der ARD fort. Sie war nie verheiratet und blieb kinderlos.
Am 27. Januar 2017 verstarb Brunhilde Pomsel im Alter von 106 Jahren in einem Altersheim in München.
11.01.1911 | Pomsel wird in Berlin als Tochter eines Malers und Dekorateurs geboren | 1914 | Ausbruch des 1. Weltkrieges | |
1917 | Pomsel wird eingeschult | 1917 | Die Vereinigten Staaten erklären Deutschland den Krieg | |
1918 | Ende des 1. Weltkrieges | |||
1919 | Ausrufung der Weimarer Republik | |||
1923 | Wirtschaftskrise mit Hyperinflation | |||
1926 | Pomsel schließt die Mittelschule ab und beginnt eine Lehre bei einem jüdischen Konfektionengroßhändler am Berliner Hausvogteiplatz | 1926 | Der deutsche Außenminister Gustav Stresemann erhält gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Aristide Briand den Friedensnobelpreis | |
1929 | Pomsel wird arbeitslos, tritt eine Stelle als Stenotypistin beim jüdischen Rechtsanwalt und Versicherungsmakler Dr. Hugo Goldberg an | 25.10.1929 | "Schwarzer Freitag", Weltwirtschaftskrise | |
1929 | Der in München aufgelegte Völkische Beobachter erscheint erstmals als Berliner Ausgabe | |||
1933 | Pomsel arbeitet vormittags bei Hugo Goldberg und nachmittags beim nationalsozial. Schriftsteller Wulf Bley Pomsel bejubelt den neuen Reichskanzler Hitler am Brandenburger Tor Pomsel tritt in die Partei ein Pomsel wird mit Bleys Unterstützung Sekretärin im Rundfunk |
30.1.1933 | Machtergreifung Hitlers | |
1935 | Nürnberger Rassengesetze | |||
1936 | Olympische Spiele in Berlin | |||
1938 | Reichspogromnacht/Anschluss Österreichs | |||
1939 | Ausbruch 2. Weltkrieg | |||
1941 | Wannsee-Konferenz: Beschluss systematischen Ermordung der europäischen Juden | |||
1942 | Pomsel wird Sekretärin im Ministerbüro von Joseph Goebbels | 20.01.1942 | An der von Reinhard Heydrich einberufenen Wannseekonferenz in Berlin wird die administrative Durchführung der "Endlösung der Judenfrage", des Holocausts organisiert | |
08.11.1943 | Deportation von Pomsels jüdischer Freundin Eva Löwenthal nach Ausschwitz | 02.02.1943 | Kapitulation der 6. Armee bei Stalingrad | |
Mai 1945 | Gefangennahme Pomsels im Keller des Propagandaministeriums durch sowjetische Truppen | 01.05.1945 | Selbstmord Joseph Goebbels | |
08.05.1945 | Kriegsende | |||
1945-1950 | Inhaftierung in verschiedenen sowjetischen Lagern (u. a. in den ehemaligen Konzentrationslagern Buchenwald und Sachsenhausen) | 1949 | Gründung der Bundesrepublik Deutschland | |
1950 | Einstellung als Sekretärin beim Südwestfunk SWF, später Chefsekretärin des ersten ARDKoordinators Lothar Hartmann | |||
1971 | Pensionierung | |||
27.01.2017 | Brunhilde Pomsel stirbt im Alter von 106 Jahren in München |
… ihre Ausbildung
"Das Leben war viel enger, das könnt Ihr alle nicht begreifen. Das fängt an bei der Kindererziehung: Wenn wir ungezogen waren, wurden wir versohlt. Mit Liebe und Verständnis kam man nicht weit. Gehorchen, vielleicht ein bisschen schwindeln und lügen oder die Schuld auf jemand anders schieben - das gehörte dazu."
"Die Jugendlichen heute sind viel reifer, und das erkenne ich sehr an. Ich wünschte, unsere Erziehung wäre auch so gelaufen, aber wir mussten mehr parieren, und das geht leichter mit Strenge und gelegentlich mal Strafe. Damit funktioniert alles besser, es ist mehr Ordnung da. Ob das erstrebenswert ist, ist eine andere Frage."
… Joseph Goebbels
"Goebbels war ein gutaussehender Mann. Er war nicht groß, ein bisschen klein; er hätte schon größer sein können, um wirklich was darzustellen. Er war ungemein gepflegt, hatte tolle Anzüge, bester Stoff. Immer leicht gebräunt. Gepflegte Hände, er war bestimmt jeden Tag bei der Maniküre. Alles an ihm war makellos. Er tat mir nur ein wenig leid weil er humpelte, aber er machte das alles wett mit ein bisschen Arroganz und Sicherheit. Er war ein Mann, der Contenance hatte, Haltung."
… die Judenverfolgung
"Heute versuchen die Menschen es so darzustellen, dass sie damals mehr für die armen Juden getan hätten. Ich glaube ihnen ihre ehrliche Absicht, aber in Wahrheit hätten sie auch nichts machen können. Das ganze Land war wie unter einer Glocke. Wir waren selber alle in einem riesigen Konzentrationslager. Das alles soll aber nichts entschuldigen."
… den Sportpalast
"Ich erinnere mich noch an seine berühmte Rede "Wollt ihr den totalen Krieg?". Wir saßen auf einer Ehrentribüne, ringsum SS-Leute, hinter uns Frau Goebbels mit den Kindern. Kampf, Marschmusik und Gesang setzten ein und dann kam Joseph Goebbels als Redner. Mir fehlen die Worte zu schildern, wie es ihm gelungen ist, hunderte von Menschen so weit zu bringen, dass keiner sitzen blieb, sondern dass alle nur aufsprangen und schrien und jubelten. Es ist ihm gelungen! Und dann haben wir natürlich mitgeklatscht. Es musste sein, natürlich! Man konnte sich nicht ausschließen, es ging nicht anders. Es war ein Naturereignis. Die ganze Menge konnte nichts dafür. Aber die haben nicht geschrien, weil sie schreien mussten, weil man es ihnen gesagt hat. Nein, die haben in dem Moment geschrien, weil da vorn einer ihnen etwas verkündete, was sie bejahten."
… das Ende
"Leutnant Schwägermann, der Assistent von Goebbels, kam zu uns in den Keller und sagte: "Hitler hat sich das Leben genommen." Das war das erste, was wir erfuhren. Jeder wusste, was das zu bedeuten hatte. Krieg zu Ende und verloren. Das war uns allen klar. Ich glaube, es liegt ein ganzer Tag und eine ganze Nacht dazwischen. Dann kam der Schwägermann nochmal und sagte: "Der Goebbels hat sich das Leben genommen." Das betraf es uns mehr als die andere Nachricht. "Und seine Frau auch." Und die Kinder? "Und die Kinder auch!" Da konnte man gar nichts mehr sagen."