Das Leben der Brunhilde Pomsel

 

Brundhilde Pomsel wurde am 11.01.1911 in Berlin geboren und erlebte ihre Jugend im Berlin der 20er Jahre. Nach einer Lehre im noblen Konfektionshaus Gläsinger & Co. arbeitete sie zunächst als Sekretärin bei dem jüdischen Rechtsanwalt Dr. Hugo Goldberg. Zur selben Zeit war sie auch für den deutschnationalen Frontkämpfer und frühen Nationalsozialisten Wulf Bley tätig, der ihr seine Kriegserinnerungen diktierte.

 

Zeitleiste

 

11.01.1911 Pomsel wird in Berlin als Tochter eines Malers und Dekorateurs geboren             1914 Ausbruch des 1. Weltkrieges
1917 Pomsel wird eingeschult   1917 Die Vereinigten Staaten erklären Deutschland den Krieg
  1918 Ende des 1. Weltkrieges
  1919 Ausrufung der Weimarer Republik
  1923 Wirtschaftskrise mit Hyperinflation
1926 Pomsel schließt die Mittelschule ab und beginnt eine Lehre bei einem jüdischen Konfektionengroßhändler am Berliner Hausvogteiplatz   1926 Der deutsche Außenminister Gustav Stresemann erhält gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Aristide Briand den Friedensnobelpreis
1929 Pomsel wird arbeitslos, tritt eine Stelle als Stenotypistin beim jüdischen Rechtsanwalt und Versicherungsmakler Dr. Hugo Goldberg an   25.10.1929 "Schwarzer Freitag", Weltwirtschaftskrise
  1929 Der in München aufgelegte Völkische Beobachter erscheint erstmals als Berliner Ausgabe
1933 Pomsel arbeitet vormittags bei Hugo Goldberg und nachmittags beim nationalsozial. Schriftsteller Wulf Bley
Pomsel bejubelt den neuen Reichskanzler Hitler am Brandenburger Tor
Pomsel tritt in die Partei ein
Pomsel wird mit Bleys Unterstützung Sekretärin im Rundfunk
  30.1.1933 Machtergreifung Hitlers
  1935 Nürnberger Rassengesetze
  1936 Olympische Spiele in Berlin
  1938 Reichspogromnacht/Anschluss Österreichs
  1939 Ausbruch 2. Weltkrieg
  1941 Wannsee-Konferenz: Beschluss systematischen Ermordung der europäischen Juden
1942 Pomsel wird Sekretärin im Ministerbüro von Joseph Goebbels   20.01.1942 An der von Reinhard Heydrich einberufenen Wannseekonferenz in Berlin wird die administrative Durchführung der "Endlösung der Judenfrage", des Holocausts organisiert
08.11.1943 Deportation von Pomsels jüdischer Freundin Eva Löwenthal nach Ausschwitz   02.02.1943 Kapitulation der 6. Armee bei Stalingrad
Mai 1945 Gefangennahme Pomsels im Keller des Propagandaministeriums durch sowjetische Truppen   01.05.1945 Selbstmord Joseph Goebbels
  08.05.1945 Kriegsende
1945-1950 Inhaftierung in verschiedenen sowjetischen Lagern (u. a. in den ehemaligen Konzentrationslagern Buchenwald und Sachsenhausen)   1949 Gründung der Bundesrepublik Deutschland
1950 Einstellung als Sekretärin beim Südwestfunk SWF, später Chefsekretärin des ersten ARDKoordinators Lothar Hartmann  
1971 Pensionierung  
27.01.2017 Brunhilde Pomsel stirbt im Alter von 106 Jahren in München  

 

Brunhilde Pomsel über

 

… ihre Ausbildung

"Das Leben war viel enger, das könnt Ihr alle nicht begreifen. Das fängt an bei der Kindererziehung: Wenn wir ungezogen waren, wurden wir versohlt. Mit Liebe und Verständnis kam man nicht weit. Gehorchen, vielleicht ein bisschen schwindeln und lügen oder die Schuld auf jemand anders schieben - das gehörte dazu."
"Die Jugendlichen heute sind viel reifer, und das erkenne ich sehr an. Ich wünschte, unsere Erziehung wäre auch so gelaufen, aber wir mussten mehr parieren, und das geht leichter mit Strenge und gelegentlich mal Strafe. Damit funktioniert alles besser, es ist mehr Ordnung da. Ob das erstrebenswert ist, ist eine andere Frage."

… Joseph Goebbels

"Goebbels war ein gutaussehender Mann. Er war nicht groß, ein bisschen klein; er hätte schon größer sein können, um wirklich was darzustellen. Er war ungemein gepflegt, hatte tolle Anzüge, bester Stoff. Immer leicht gebräunt. Gepflegte Hände, er war bestimmt jeden Tag bei der Maniküre. Alles an ihm war makellos. Er tat mir nur ein wenig leid weil er humpelte, aber er machte das alles wett mit ein bisschen Arroganz und Sicherheit. Er war ein Mann, der Contenance hatte, Haltung."

… die Judenverfolgung

"Heute versuchen die Menschen es so darzustellen, dass sie damals mehr für die armen Juden getan hätten. Ich glaube ihnen ihre ehrliche Absicht, aber in Wahrheit hätten sie auch nichts machen können. Das ganze Land war wie unter einer Glocke. Wir waren selber alle in einem riesigen Konzentrationslager. Das alles soll aber nichts entschuldigen."

… den Sportpalast

"Ich erinnere mich noch an seine berühmte Rede "Wollt ihr den totalen Krieg?". Wir saßen auf einer Ehrentribüne, ringsum SS-Leute, hinter uns Frau Goebbels mit den Kindern. Kampf, Marschmusik und Gesang setzten ein und dann kam Joseph Goebbels als Redner. Mir fehlen die Worte zu schildern, wie es ihm gelungen ist, hunderte von Menschen so weit zu bringen, dass keiner sitzen blieb, sondern dass alle nur aufsprangen und schrien und jubelten. Es ist ihm gelungen! Und dann haben wir natürlich mitgeklatscht. Es musste sein, natürlich! Man konnte sich nicht ausschließen, es ging nicht anders. Es war ein Naturereignis. Die ganze Menge konnte nichts dafür. Aber die haben nicht geschrien, weil sie schreien mussten, weil man es ihnen gesagt hat. Nein, die haben in dem Moment geschrien, weil da vorn einer ihnen etwas verkündete, was sie bejahten."

… das Ende

"Leutnant Schwägermann, der Assistent von Goebbels, kam zu uns in den Keller und sagte: "Hitler hat sich das Leben genommen." Das war das erste, was wir erfuhren. Jeder wusste, was das zu bedeuten hatte. Krieg zu Ende und verloren. Das war uns allen klar. Ich glaube, es liegt ein ganzer Tag und eine ganze Nacht dazwischen. Dann kam der Schwägermann nochmal und sagte: "Der Goebbels hat sich das Leben genommen." Das betraf es uns mehr als die andere Nachricht. "Und seine Frau auch." Und die Kinder? "Und die Kinder auch!" Da konnte man gar nichts mehr sagen."